Blogbeiträge der diesjährigen Kongressstipendiat*innen

Als Medizinstudentin war der Besuch des diesjährigen Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie meine erste Konferenzteilnahme und ich kann ehrlich sagen, dass es für mich eine zugleich aufregende und bereichernde Erfahrung war, an die ich mich noch lange gerne zurückerinnern werde.

Schon bei der Eröffnungssitzung war ich beeindruckt und auch ein bisschen eingeschüchtert von der Menge der Teilnehmer und der Größe der Veranstaltung insgesamt. Angesichts der Vielfalt der geplanten Symposien, Postervorstellungen, Podiumsdiskussionen und anderen Veranstaltungspunkten war es eine kleine Herausforderung, sich ein individuelles Programm zusammenzustellen und sich zwischen gleichzeitig stattfindenden Vorträgen zu entscheiden.

Gerade weil ich als Studentin bisher nur wenig Erfahrung in Klinik und Forschung sammeln konnte, war es für mich sehr spannend, im Laufe dieses großangelegten Kongresses Einblicke in viele verschiedene Themengebiete, Krankheitsbilder und wissenschaftliche Methoden zu erhalten. Neben Beiträgen zum Themengebiet der Essstörungen, mit dem ich mich im Rahmen meiner Promotion beschäftige, fand ich dabei vor allem die vielfältige Auseinandersetzung mit den Themen Beschleunigung und digitalem Wandel spannend, die nicht nur das diesjährige Kongressmotto aufgegriffen haben, sondern durch Berührungspunkte mit meinem persönlichen Alltag für mich auch besonders greifbar waren.

Was mich jedoch am meisten beeindruckt hat, war die offene und wertschätzende Atmosphäre, die während des gesamten Kongresses herrschte und die mir als Kongress-Neuling bei meiner Vortragspremiere über die anfängliche Nervosität hinweg geholfen hat.

Ich bin sehr dankbar, dass mir die Teilnahme am Kongress und die Reise nach Berlin ermöglicht wurde und freue mich schon auf meine nächsten Konferenzbesuche!
Lara Kanstinger

Franziska Arnold, B. Sc. Psychologie, nahm als Teil der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Nikendei des Universitätsklinikums Heidelberg am Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie teil. Sie studiert im 3. Semester an der Universität Heidelberg Psychologie im Master. Das Projekt ihrer Masterarbeit „GTP-Intervention bei ukrainischen Geflüchteten“ wurde im Rahmen des Kongress von Dr. Irja Rzepka vorgestellt.

Psychologie, das ist die Wissenschaft des kognitiven, emotionalen sowie motivationalen Erleben des Menschen. Während meines Studiums wurden diese Themen ausschließlich auf Mikro-Ebene betrachtet.. In der Differentiellen Psychologie werden Unterschiede zwischen Individuen erfasst, in der Allgemeinen Psychologie geht es um den „Norm“-Rahmen der menschlichen Wahrnehmung. Und in der Klinischen Psychologie untersuchen wir, ab wann die Abweichung eines Individuums vom Norm als pathologisch bezeichnet wird. Dieser Fokus auf das individuelle Erleben ist, was die Psychologie so spannend macht. Wer möchte nicht verstehen, wie sein Gegenüber funktionieren?

Besonders was die klinische Tätigkeit der Psychologie angeht, erscheint mir dieser Ansatz oft zu kurz gedacht. Denn: (Psychische) Gesundheit entsteht im Alltag. Wie wir leben, arbeiten, an der Gesellschaft teilhaben, all das hat einen Einfluss auf unsere Gesundheitschancen. Und wie wir all diese Bereiche gestalten können, hängt mit Variablen auf der Makro-Ebene zusammen: zum Beispiel welche Aufstiegschancen es in unserer Gesellschaft gibt. Aufgrund meiner Erfahrungen im Studium war ich also darauf gefasst, auf dem DKPM (die ebenso wichtigen) Vorträge über Themen wie die biopsychologische Risikofaktoren für psychischen Störungen oder bessere Therapieverfahren zu hören. Vorträge dieser Art waren auf jeden Fall dabei. Darüber hinaus war mir nicht bewusst, was mich erwartete.

Bezeichnend für meinen Kongressbesuch war der Versuch, an dem Symposium „Soziale Diversität bei Ess- und Körperbildstörung: Zusammenhänge und Perspektiven“ teilzunehmen. Ich sage Versuch, da ich vor geschlossener Tür mit fünf anderen Interessierten abgewiesen wurde – der Saal war schon komplett gefüllt! Die eigene Perspektive zum Thema Essstörungen zu erweitern und dabei bisher weniger beachteter Gruppen einzuschließen oder auf gesellschaftliche Veränderungen wie durch die Coronapandemie einzugehen, das schien viele Kongressbesucher*innen zu interessieren.

Weiter ging es für mich mit dem Symposium „AG Klimakrise und Planetare Gesundheit: So wie es war, kann es nicht bleiben – Wie (lange) kann uns unser Planet ernähren?“. In Mitten des Hörsaals thronte ein riesige, aufblasbare Weltkugel und blockierte damit fast ein Viertel der Sitze. Ein Symbolbild – dafür, dass die Klimakrise für viele Menschen bereits mehr als unbequeme Auswirkungen hat und diese auch bei uns in Deutschland ankommen werden. Sichtlich ergriffen wirkte davon auch der Saal, nachdem Prof. Dr. Nikendei den Vortrag „Flucht im Kontext von Naturkatastrophen und ökologischen Krisen“ beendete hatte. Die durch den Klimawandel ausgelösten Fluchtbewegungen, werden nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Länder im globalen Norden eine große Belastung darstellen. Besonders gelungen fand ich den Übergang durch den Vortrag von Dr. med. Knieling mit dem Titel „Von der Individuation zur Planetarisation – Gedanken zu Wertewandel und Transformation in der Psychotherapie“. Er stellte die Frage: „Was kann/darf die Psychotherapie im Angesicht der Klimakrise?“ auf offene Weise, durch welche die Beteiligten die Möglichkeit bekamen, das soeben Gehörte zu reflektieren.

Für mich stellte das Symposium „Psychische Belastungsfaktoren und Lebensrealitäten geflüchteter Menschen in Deutschland“ ein weiteres Highlight des Kongresses dar. Eigentlich nahm ich auch hauptsächlich teil, da das Projekt meiner Masterarbeit von Dr. Irja Rzepka vorgestellt wurde. Beeindruckt wurde ich dann weiter durch die weiteren Vorträge: In „Macht Rassismus krank?“ teile Dr. Kahraman eine eine sehr gute Kurzübersicht zum Thema Rassismus und psychische Belastung. Dr. Morawa stellte eine interessante Studie vor, welche deutlich machte, wie stark die Wahrnehmung von durch Rassismus Betroffene und den rassistischen handelnden Menschen auseinander geht. Dass Rassismus auch in der psychiatrischen/psychotherapeutischen Versorgung eine Rolle spielt, ist für betroffene Menschen sicher keine Überraschung. Ich finde es sehr gut, dass die Thematik auch bei Kongressen wie dem DKPM aufgegriffen wird.

Ich freue mich sehr, dass ich an diesem Kongress habe teilnehmen können. Zwar scheint eine gesellschaftliche Einbettung von Erleben, Krankheit bzw. Gesundheit im universitären Curriculum noch nicht angekommen zu sein, aber ich habe hautnah miterleben dürfen, wie das in der (wissenschaftlichen) Fachwelt durchaus der Fall ist. Zum Schluss möchte ich mich beim Jungen Forum bedanken, welches meine Teilnahme am Kongress durch die Vergabe des Stipendiums erst ermöglicht hat.

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